Zurück zur ÜbersichtIdealtypischer Prozess - Handlungsziel- und Strategieentwicklung

Prozessbegleitung

Verfasser: Prof. Dr. Wolfgang Schlicht

Stand: Juni 2021


Auf dem Weg zu einer bewegungsförderlichen Kommune

Frau Müller und Herr Maier haben die Daten der Ist-Analyse ausgewertet und sind nun bereit, ein passendes Programm zu konzipieren. Mit Hilfe des 5. Schrittes „Handlungsziel- und Strategieentwicklung“ legen Frau Müller und Herr Maier fest, wo ihre Maßnahme ansetzen soll und erstellen ein Planungs- und Wirkmodell, um ihre zur Verfügung stehenden Ressourcen, ihre geplanten Maßnahmen und die gewünschten Erfolge zu bestimmen.

Inhalt

Idealerweise steht nun das Ziel, die Kommune bewegungsförderlicher zu gestalten, auf der Agenda aller kommunalen Entscheidungen. Um das Ziel zu verwirklichen, haben Sie eine Steuerungsgruppe eingerichtet, und die Kommune hat sich ein Leitbild gegeben. Eine Ist-Analyse zeigt Stärken und Potenziale der Kommune auf, Bedarfe und Bedürfnisse der Zielgruppe der älteren Menschen sind herausgearbeitet, und alle Beteiligten wissen, welche Änderungen erforderlich sind, um gesundheits- und bewegungsförderliche Strukturen auf- und auszubauen.

Daran anschließend ist es an der Zeit, zielgerichtete und adressatengerechte Strategien und Handlungen zu definieren. Je nach Befund der Ist-Analyse kann es drei Ansatzpunkte für Veränderungen geben. In diesem Schritt geht es darum, jeweils passende Programme, Maßnahmen und Aktivitäten dafür zu konzipieren.

Interventionsansätze

  • (1) Kommune als Lebenswelt (die bauliche und soziale Umwelt) der älteren Bürgerinnen und Bürger
  • (2) typische kommunale Settings, in denen sich ältere Menschen entweder aufhalten oder aufgrund besonderer Merkmale gruppieren (z. B. Seniorentreffs, alleinlebende ältere Menschen, ältere Menschen in prekären wirtschaftlichen Verhältnissen.)
  • (3) Gruppe der älteren Menschen, deren Mitglieder je nach Geschlecht und Alter (junge Alte, Ältere und Hochaltrige) passend angesprochen werden sollten 2

Die drei Interventionsansätze können nicht losgelöst voneinander betrachtet werden. Denn wenn bei einem Ansatz (z. B. eine bauliche Maßnahme in der Kommune) etwas geändert wird, wirkt sich das auf die anderen direkt oder indirekt ebenfalls aus. Das zeigt die Komplexität, mit der die Maßnahmen ineinandergreifen.

Planungs- oder Wirkmodelle eignen sich, um wirkungsorientiert vorzugehen 3. Die Modelle unterscheiden dazu zwischen Leistungen, die von den Akteurinnen und Akteuren der Intervention erbracht werden und den Wirkungen, die jeweils daraus resultieren.

Planungsmodelle arbeiten mit inputs, outputs, outcomes und impact. Änderungsziele werden dabei outcomes und impacts genannt. Sie werden aufgrund der Ist-Analyse und vor dem Hintergrund der verfügbaren Ressourcen (z. B. Geld, Personal, Infrastruktur) geplant. Maßnahmen und Aktivitäten sind inputs und outputs. Sie werden geplant bzw. durchgeführt, um die angestrebten outcomes und impacts zu erreichen (siehe Abbildung 1).

 

Nehmen Sie das kommunale Leitbild und die Ergebnisse der Ist-Analyse als Ausgangspunkt für weitere Überlegungen und stellen Sie sich folgende Fragen:

  1. Was und bei welchem Adressaten könnten wir auf Basis des Ist-Zustands Dinge ändern, damit wir unserem Ziel der bewegungsförderlichen Kommune und unserem Leitbild näherkommen?
  2. Was von dem, was wir ändern sollten, ist wichtig, was dringlich, was können wir zeitlich aufschieben?
  3. Reichen unsere Ressourcen, um das zu tun, was wir tun sollten?

Welche Maßnahmen und Aktivitäten umgesetzt werden können, hängt von den Ressourcen ab, die Ihnen zur Verfügung stehen. Eine Vortragsreihe zur Wissensvermittlung beispielsweise ist im Vergleich zu einer baulichen Maßnahme günstiger und einfacher zu organisieren; hat aber nicht dieselbe Wirkung (outcome) wie eine bauliche Maßnahme.

Die outcomes sind bei Planungsmodellen also die zentralen Elemente, an denen sich alle anderen ausrichten. Sie sind die Veränderungsziele der Intervention. Outcomes sollten Sie den Interventionsansätzen, Kommune als Lebenswelt, ausgewählten Settings 5 oder der Zielgruppe (und Subgruppen) der älteren Menschen, eindeutig zuordnen. Durch ihren herausgehobenen Stellenwert im Planungsprozess müssen sie so formuliert sein, dass eindeutig ist, worauf die inputs und outputs abheben.

Um outcomes und ihre dazugehörigen Indikatoren eindeutig und überprüfbar zu formulieren, helfen die SMART und ZWERG Regeln.

  • SMART
    Formulieren Sie outcomes spezifisch (was genau soll sich ändern?), messbar (wieviel soll sich ändern?), attraktiv (wie motivierend ist das für die Adressaten?), realistisch (ist das von den Adressaten zu schaffen?) und terminlich fixierbar (bis wann soll das geändert sein?) . Achten Sie bei der Terminierung auch auf die Zeitachse: Outcomes, die mit baulichen Maßnahmen einhergehen, brauchen eine gewisse Vorlaufzeit. Positive Einstellungen zu einem körperlich aktiven Alltag lassen sich schneller erreichen als das eigentliche regelmäßige aktive Verhalten.   
    Outcomes benennen (meistens) Konstrukte (z. B. die Zugänglichkeit eines Bewegungsangebots). Diese sind nicht direkt beobachtbar und auch nicht direkt messbar. Um Wirkungen (outcomes) feststellen und bewerten zu können, müssen den outcomes Indikatoren zugewiesen werden, die darauf verweisen, ob und wie stark sich das outcome verändert hat. Ein Beispiel: Die Zugänglichkeit zu einem Bewegungsangebot ist beispielsweise ein outcome. Um die Zugänglichkeit zu beurteilen, könnten Zeit und/oder Geld, die aufgewendet werden müssen, um das Bewegungsangebot wahrzunehmen, ein Indikator sein. Dessen Ausprägung könnte bei der Zielgruppe erfragt werden (siehe auch Abbildung 1).
  • Z.W.E.R.G.
    Für die Benennung von Indikatoren eignet sich die Z.W.E.R.G Regel. Demnach sollte der Indikator zentral für das outcome (z. B. wären Geld- und Zeitaufwand zentral für Zugänglichkeit), wirtschaftlich erfassbar (z. B. wäre eine Befragung einer Stichprobe wirtschaftlicher als eine fortwährende Beobachtung, wer zum Angebot greift), einfach bewertbar (z. B. sind Geld und Zeit Aufwände, die sich einfach in „viel“ und „wenig“ kategorisieren lassen), rechtzeitig beurteilbar (z. B. könnte der Aufwand direkt und noch im laufenden Angebot erfragt werden), und genau messbar (z. B. lassen sich Geld und Zeit über Summen und Zeiteinheiten skalieren) sein.   

 

Für das Vorgehen in der Handlungsziel- und Strategieentwicklung können Sie sich – sofern Sie ein Planungsmodell nutzen wollen – an zehn Schritten orientieren, die im Folgenden als Handlungsempfehlungen formuliert sind:

  1. Wenn Sie im Umgang mit Planungsmodellen unerfahren sind und sich nicht sicher fühlen, einen output vom outcome oder input vom impact zu unterscheiden, verwenden Sie ein einfaches Modell (z. B. könnten Sie das Modell der Abbildung 1 als Vorlage verwenden). Wie ein einfaches Wirkmodell aussehen kann, sehen Sie hier:

    Abbildung 2. Wirkmodell

  2. Füllen Sie das Modell gemeinsam mit den Mitgliedern der Steuerungsgruppe aus. Beginnen Sie die Arbeit am Modell mit Blick auf die Ergebnisse der Ist-Analyse und formulieren Sie dann die outcomes. Diese ordnen Sie in kurz-, mittel- und langfristige outcomes und nach Adressaten.
  3. Benennen Sie anschließend Indikatoren, die Ihnen zeigen werden, ob die outcomes erreicht wurden. Orientieren Sie sich für die outcomes an der SMART und für die Indikatoren an der Z.W.E.R.G Regel.
  4. Haben Sie die outcomes und Indikatoren benannt, dann sagen Sie den impact, also die langfristige, indirekte Wirkung vorher, nennen also das Ergebnis, das sich langfristig für die Kommune als Lebenswelt ergeben wird (Public Health Einfluss).
  5. Benennen Sie in einem nächsten Schritt die Mechanismen und Maßnahmen (activities), die zu den outcomes führen werden. Diese dienen Ihnen als Erklärungsansätze, wie es zum gewünschten Outcome kommen soll (Beispiel: Mechanismus: Eine höhere Verfügbarkeit der Äpfel führt dazu, dass die Schülerinnen und Schüler mehr Äpfel essen; Maßnahme: Verfügbarkeit der Äpfel erhöhen). Idealerweise sind dies Mechanismen durch wissenschaftliche Literatur belegt.
  6. Beschreiben Sie die inputs, also jene plausiblen – am besten evidenzbasierten – Maßnahmen und Aktivitäten, mit denen Sie auf die Mechanismen einwirken wollen (z. B. Vorträge zur Bedeutung körperlicher Aktivität).
  7. Halten Sie fest, welchen output (z. B. die Zahl der älteren Menschen, die Sie über Vorträge erreichen werden, um ihnen die Bedeutung der körperlichen Aktivität zu vermitteln) Sie erzeugen müssen, damit die inputs wirken können.
  8. Prüfen Sie, welche Ressourcen Sie einsetzen können, um wirksame outputs über die inputs zu erreichen.
  9. Diskutieren Sie das vorläufige Planungsmodell in der Steuerungsgruppe. Formulieren Sie dazu „Wenn-Dann-Aussagen“: z. B. „Wenn wir das outcome O bei der Adressatengruppe A erreichen wollen, dann benötigen wir den output OU, den wir durch den input I erzeugen und brauchen dafür die Ressourcen R.“
  10. Achten Sie in der Argumentation auf unlogische Aussagen oder Widersprüche. Sind solche vorhanden, arbeiten Sie das Wirkmodell an den entsprechenden Stellen nach, bevor Sie es als Planungsgrundlage verabschieden. Halten Sie sich vor Augen, dass ein Plan „lebt“, also im Lichte von neuen Daten und Fakten angepasst werden muss.

Der Aufwand ein Planungsmodell zu erstellen, lohnt sich, weil auf diese Weise eine Arbeitsgrundlage entsteht, die Sie für die Planung, die Steuerung und die Evaluation Ihres Vorhabens nutzen können. Zusätzlich können Sie politisch verantwortlichen Akteurinnen und Akteuren der Kommune mit Hilfe des Planungsmodells darlegen, was auf der Grundlage der Ist-Analyse zu leisten ist, und was erreicht wird, wenn Sie ausreichend Ressourcen erhalten, um unerwünschte Zustände zu verändern.

[ 1 ]

Michie S, van Stralen MM, West R. The behaviour change wheel: A new method for characterising and designing behaviour change interventions. Implementation Sci. Dezember 2011;6(1):42.

[ 1 ]Michie S, van Stralen MM, West R. The behaviour change wheel: A new method for characterising and designing behaviour change interventions. Implementation Sci. Dezember 2011;6(1):42.

[ 2 ]

Merzel C, D’Afflitti J. Reconsidering Community-Based Health Promotion: Promise, Performance, and Potential. Am J Public Health. April 2003;93(4):557–74.

[ 2 ]Merzel C, D’Afflitti J. Reconsidering Community-Based Health Promotion: Promise, Performance, and Potential. Am J Public Health. April 2003;93(4):557–74.

[ 3 ]

Green J, Tones K (2010) Health Promotion. Planning and Strategies (2nd ed.). Sage, Los Angeles, CA.

[ 3 ]Green J, Tones K (2010) Health Promotion. Planning and Strategies (2nd ed.). Sage, Los Angeles, CA.

[ 4 ]

Gesellschaft für Evaluation e.V. (DeGEval): Glossar der Standards für Evaluation.
Verfügbar unter: https://www.degeval.org/de/glossar-der-standards-fuer-evaluation/#Ressource/#glossary_o;
letztmaliger Zugriff Juni 2021.

[ 4 ]Gesellschaft für Evaluation e.V. (DeGEval): Glossar der Standards für Evaluation.

[ 5 ]

Dadaczynski K, Baumgarten K, Hartmann T. Settingbasierte Gesundheitsförderung und Prävention: Kritische Würdigung und Herausforderungen an die Weiterentwicklung eines prominenten Ansatzes. Präv Gesundheitsf. November 2016;11(4):214–21.

[ 5 ]Dadaczynski K, Baumgarten K, Hartmann T. Settingbasierte Gesundheitsförderung und Prävention: Kritische Würdigung und Herausforderungen an die Weiterentwicklung eines prominenten Ansatzes. Präv Gesundheitsf. November 2016;11(4):214–21.

[ 6 ]

WK Kellogg Foundation (2004). WK Kellogg Foundation logic model development guide.

[ 6 ]WK Kellogg Foundation (2004). WK Kellogg Foundation logic model development guide.

Begriffserklärung

Programme, Maßnahmen und Aktivitäten

Programme, Maßnahmen und Aktivitäten

Programme sind strategische Lösungen, mit denen in soziale Systeme in der Absicht interveniert wird, unerwünschte Ist-Zustände zu verändern. Sie sind im kommunalen Lebenswelten und Settings meist komplex, bestehen also aus mehreren miteinander verknüpften Maßnahmen und Aktivitäten.

Maßnahmen bündeln inhaltlich ähnliche Interventionsaktivitäten. Beispielsweise ist Edukation (Wissensvermittlung) eine Maßnahme, die mit Aktivitäten wie Vorträgen, Video-Clips, Flyern oder anderen Medien arbeitet. Andere Maßnahmen sind Modell-Präsentationen, rechtliche Eingriffe (z. B. Steuern auf gesundheitsschädliche Produkte), Umwelt- (z. B. bauliche Veränderungen) und Sozialplanungen (z. B. finanzielle Unterstützung für sozial benachteiligte Gruppen), Befähigung (z. B. Üben von Fertigkeiten), Angebote (z. B. ein Bewegungsangebot eines Vereins) etc. 1.

Aktivitäten sind den Maßnahmen zugeordnete operationale Handlungen (z. B. Vorträge, Trainings).

inputs, outputs, outcomes und impacts

inputs, outputs, outcomes und impacts

Inputs sind alle Maßnahmen und Aktivitäten eines Programms, die auf Mechanismen gerichtet sind, von denen aufgrund wissenschaftlicher Studien (Evidenz) oder plausibler Überlegungen angenommen werden kann, dass über deren Beeinflussung erwünschte Änderungen im Zielobjekt (Kommune, Setting, ältere Personen) erreicht werden können.

Outputs betreffen zählbare Leistungen, die durch inputs erzeugt werden (z. B. die Anzahl an Vorträgen zur Vermittlung von Wissen und die Anzahl an Menschen, die den Vorträgen gefolgt sind) 

Outcomes (auch als Endpunkte bezeichnet) sind messbaren Änderungen, die bei den Adressaten kurz-, mittel- und langfristig entstanden sind.

Impacts beschreiben langfristige, indirekte Wirkungen, die aus den outcomes folgen, aber außerhalb der intendierten Reichweite liegen.

Wirkung ist im Allgemeinen eine auf Ursachen zurückzuführende Veränderung. Häufig werden dabei kurz-, mittel- und langfristige Einwirkungen auf Zielgruppen (Outcomes) oder auf andere Personen, Gruppierungen, Institutionen, Systeme etc. unterschieden (Impacts).4

Hinweis


Wenn Sie ohne Registrierung fortfahren, werden Ihre Merklisten verworfen, sobald der Browser oder der Browsertab geschlossen wird.

Ich habe einen Login

Ich möchte mich neu registrieren


Ohne Registrierung weiter

zum Seitenanfang
{"start_page":"222","material_page":"224","angebot_page":"225","projekt_page":"226","register_page":"235","login_page":"234","merklist_page":"233","datenschutz_page":"247","infopopup1_page":"0","infopopup2_page":"0","infopopup3_page":"255","infopopup4_page":"0","umfrage_page":"239","remove_page":"237","leitfaden_page":"227","leitfaden_wissen_page":"279","leitfaden_angebot_page":"280","leitfaden_programm_page":"281","leitfaden_praxis_page":"231","leitfaden_einstieg_page":"232","infopopup5_page":"{$config.impuls_infopopup5_page}","infopopup6_page":"{$config.impuls_infopopup6_page}","merkliste_info_page":"236","search_page":"238","bitv_page":"243","bitv_form_page":"244","ls_page":"0","gs_page":"0","impressum_page":"246","kontakt_page":"248","quali_page":"610","ignore_leitfaden":"0","impuls_prozess_nr1_info_pid":"261","impuls_prozess_nr2_info_pid":"262","impuls_prozess_nr3_info_pid":"263","impuls_prozess_nr4_info_pid":"264","impuls_prozess_nr5_info_pid":"265","impuls_prozess_nr6_info_pid":"266","impuls_prozess_nr7_info_pid":"267","impuls_prozess_nr8_info_pid":"268","impuls_prozess_nr9_info_pid":"269","impuls_prozess_nr1_video_info_pid":"270","impuls_prozess_nr2_video_info_pid":"271","impuls_prozess_nr3_video_info_pid":"272","impuls_prozess_nr4_video_info_pid":"273","impuls_prozess_nr5_video_info_pid":"274","impuls_prozess_nr6_video_info_pid":"275","impuls_prozess_nr7_video_info_pid":"276","impuls_prozess_nr8_video_info_pid":"277","impuls_prozess_nr9_video_info_pid":"278","logo":{"height":"59","width":"297","linktitle":""}}