Besonderheiten bei Medikamenten im Alter

Mit dem Alter nimmt bei vielen Menschen auch die Anzahl chronischer Erkrankungen zu. Zu den typischen Alterserkrankungen gehören beispielsweise Rückenschmerzen, Arthrose und Diabetes mellitus und vor allem Herz-Kreislauferkrankungen wie Bluthochdruck, koronare Herzerkrankung und Herzinsuffizienz (Herzschwäche). Auch psychi­sche Erkran­kungen wie Depressionen und Demenz spielen im Alter eine zunehmende Rolle.

Ein älterer Mensch wird durchschnittlich von vier Ärztinnen bzw. Ärzten behandelt. So kommen nicht nur häufige, sondern auch eine Vielzahl unterschiedlicher Verordnungen aufgrund der vorliegenden Erkrankungen zustande. Dies kann das Risiko für Wechselwirkungen erhöhen.

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Wirkung von Medikamenten im Alter

Das Alter eines Menschen spielt eine wichtige Rolle, wenn es um das Arzneistoffverhalten im Körper geht.

Aufnahmegeschwindigkeit von Wirkstoffen

Die Aufnahme der Wirkstoffe ist etwas verringert, da sich der Magen bei älteren Personen nicht mehr so schnell bewegt. Dementsprechend gelangt der Arzneistoff langsamer in den Darm, von wo aus er dann in den Blutkreislauf gelangt.

Verteilung von Wirkstoffen im Körper

Die Menge an Körperwasser und Körperfett spielt eine entscheidende Rolle. Der Anteil des Gesamtkörperwassers nimmt zwischen dem 20. und 80. Lebensjahr um ca. 10 bis 20 Prozent ab, auf der anderen Seite steigt der relative Fettanteil. Fettlösliche Arzneistoffe wirken dementsprechend länger, da mehr Fett im Körper vorhanden ist, in dem sie sich lösen können. So kann sich besonders die Wirkung einiger Beruhigungsmittel erheblich erhöhen bzw. verlängern. Die Verringerung der Muskelmasse kann ebenfalls dazu beitragen, dass die Wirkung von Arzneimitteln beeinflusst wird.

Abbau von Wirkstoffen

Mit dem Alter nimmt die Leber- und Nierenfunktion ab. So arbeiten bei etwa einem Drittel bis zur Hälfte der Menschen über 60 Jahre Leber und Niere nur noch eingeschränkt. Beide Organe sind aber wichtig für den Abbau und die Ausscheidung von Arzneimitteln. Kommen zu diesen altersbedingten Einschränkungen noch krankhafte Veränderungen der beiden Organe hinzu, besteht die Gefahr einer Wirkstoffanreicherung. Dies ist meist dann der Fall, wenn die Einzeldosen schneller wieder eingenommen werden, als sie vom Körper abgebaut und ausgeschieden werden können. Hinweise darüber finden sich häufig in der Gebrauchsinformation. Letztendlich entscheidet die behandelnde Ärztin bzw. der behandelnde Arzt über die Dosierung des einzunehmenden Arzneimittels nach körperlicher Untersuchung und unter Berücksichtigung der Laborwerte.

Multimedikation (Polypharmazie)

Unter den Begriffen „Multimedikation“ bzw. „Polypharmazie“ versteht man die gleichzeitige Verordnung von mehreren Arzneimitteln bei einer Person.

Gründe für Multimedikation

Die Gründe für die Verordnung mehrerer verschiedener Wirkstoffe sind vielschichtig. Grundsätzlich lassen sich jedoch einige wesentliche Merkmale benennen:

  • Die Patientin bzw. der Patient hat mehrere (chronische) Erkrankungen (Multimorbidität), die alle die Einnahme von unterschiedlichen Medikamenten erforderlich machen (z. B. neben Rheuma, Bluthochdruck noch die Behandlung eines Diabetes mellitus).
  • Eine unzureichende Wirkung nur eines Medikaments führt häufig zu einer Kombination mit (mindestens) einem anderen Arzneimittel mit ähnlicher Wirkweise zur Erreichung der gewünschten Wirkung. Beispielsweise ist dies der Fall zur Behandlung von Bluthochdruck, des Parkinson-Syndroms oder von Asthma. Bei diesen Erkrankungen kann es im Verlauf der Krankheit dazu kommen, dass die bislang eingenommenen Arzneimittel keine ausreichende Wirkung mehr zeigen.
  • Die Behandlung von Nebenwirkungen, die als solche entweder nicht erkannt werden oder nicht vermeidbar sind, kann zu einer weiteren medikamentösen Behandlung führen. Beispielsweise wird bei längerer Einnahme eines Cortisons oft ein Magensäureblocker verordnet, um die Magenschleimhaut zu schützen.

Neben den von der Ärztin oder dem Arzt verordneten Arzneimitteln sind auch Medikamente, die ohne Rezept in Apotheken oder Drogerien erhältlich sind, zu berück­sichtigen (Schmerzmittel, Abführmittel oder „Stärkungsmittel“ wie beispielsweise Präparate mit pflanzlichen Extrakten). Frauen wenden dabei mehr rezeptfreie Mittel an als Männer. Dieser Unterschied nimmt im höheren Alter noch weiter zu.

Wenn Sie mehrere Medikamente, egal ob verschreibungspflichtig oder frei verkäuflich, sowie weitere Präparate einnehmen, sprechen Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt bzw. Ihrer Apothekerin oder Ihrem Apotheker über mögliche Wechselwirkungen.

Einnahme von Arzneimitteln

Etwa die Hälfte der Patientinnen und Patienten nehmen ihre Arzneimittel aus verschiedenen Gründen nicht regelmäßig ein. Hierdurch können sich Erkrankungen verschlimmern. Zur Verbesserung der Therapietreue werden häufig Kombinationspräparate (bestehend aus mindestens zwei Wirkstoffen) eingesetzt, um die Anzahl der einzunehmenden Tabletten zu reduzieren, beispielsweise bei der Behandlung des Bluthochdrucks.

Die ärztlich verordnete Dosierung aller Medikamente ist genau zu befolgen. Eigenmächtige Änderungen ohne Rücksprache mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt können ein Risiko darstellen.

Leitlinie Multimedikation

Die hausärztliche Leitlinie „Multimedikation“ gibt Empfehlungen zum Umgang mit Multimedikation bei Erwachsenen und geriatrischen Patientinnen und Patienten und bietet somit eine wichtige Hilfestellung im ärztlichen Alltag.

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