Tanztee in der AWO Residenz Sehnde

Im Fokus des Angebotes „Darf ich bitten? Tanztee in der AWO Residenz Sehnde“ stehen Potenziale zur Gesundheitsförderung bei Bewohnerinnen und Bewohnern stationärer Pflegeeinrichtungen. Die regelmäßig stattfindende Tanzveranstaltung ergänzt dabei die bestehenden Bewegungsangebote und fügt sich unter Begeisterung der älteren Teilnehmenden in das Konzept der Pflegeeinrichtung ein.

Das Interview führten wir mit Frau Elke Rybicki (stellv. Leitung Begleitender Dienst).
(Erstellung des Interviews: Oktober 2019)

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1. Wie kam es zur Idee Ihres Angebotes?

Die Idee des Projektes entsprang einerseits einer Maßnahme der GESOBAU, mehrere kostenlose WLAN-Hotspots an verschiedenen Orten im Märkischen Viertel einzurichten.
Parallel startete zu diesem Zeitpunkt, ebenfalls im Märkischen Viertel, der Aufbau des Wohn- und Versor­gungs­konzeptes für ältere und pflegebedürftige Menschen „Pflege@Quartier“. Dabei initiierte die GESOBAU, dass 30 Wohnungen von Menschen über 65 Jahren im Märkischen Viertel mit AAL-Technik („Active Assisted Living“ oder dt. „Altersgerechte Assistenzsysteme“) ausgestattet werden. Bei den Einbauten handelte es sich bspw. um eine visuelle Türklingel, schaltbare Steckdosen, Sensoren, die Stürze erkennen und Alarm melden oder die Lichtsteuerung über ein Tablet.
Bei der Umsetzung dieser Maßnahmen wurden zwar bewusst technische Lösungen gewählt, die für Nutzerin­nen und Nutzer leicht bedienbar und bezahlbar sind und damit niedrigschwellig umgesetzt werden können. Jedoch wurde schnell deutlich, dass eine Vielzahl älterer Menschen, die bisher keinerlei Berührungs­punkte mit digitalen Produkten und dem Internet hatten, darüber nicht mitgenommen wurden. Beispielsweise wussten Personen mit Hotspots schlichtweg gar nichts anzufangen oder hätten eingebaute AAL-Technik in ihrer Wohnung mangels technischen Knowhows nicht bedienen können.
Deshalb haben wir beschlossen, die bestehenden Angebote im Märkischen Viertel sinnvoll für die Gruppe der älteren Menschen zu ergänzen und haben „Digital mobil im Alter“ ins Leben gerufen. Mittels einer Fokus­gruppen­analyse wollten wir zunächst herausfinden, inwieweit ältere Menschen im Märkischen Viertel digitale Medien nutzen, welche Vorteile dies für sie haben kann und welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit mehr Seniorinnen und Senioren den Schritt in die digitale Welt wagen. Wir haben mit zum Teil weit über 65-jährigen Personen sowie in einigen Fällen auch mit den Pflegefachkräften gesprochen. Uns erreichte von einer Vielzahl der Befragten die Rückmeldung, dass durchaus Interesse und Neugier darin besteht, das Internet kennenzulernen und sich digital und technisch weiterzubilden. Darunter waren sowohl Personen, die bisher keine Erfahrung mit dem Internet hatten als auch Personen, die bereits viel mit Smartphone und Tablet surften. Auf Basis dieser Ergebnisse haben wir dann ein Konzept ausgearbeitet.

2. Die Entwicklung des Angebotes fand im Rahmen einer Projektgruppe mit Bewohnerinnen und Bewohnern, Angehörigen sowie Mitarbeitenden Ihrer Einrichtung statt. Können Sie von Ihren Erfahrungen in der Zusammenarbeit berichten?

Die Bereitschaft zur Teilnahme an der Projektgruppe stieß bei allen Beteiligten auf große Resonanz. Nachdem ursprünglich 22 Teilnehmende in zwei Gruppen arbeiteten, verschlankte sich die Gruppe im Laufe der Zeit bis zum Ende auf neun Personen (drei Bewohnende, drei Angehörige, drei Mitarbeitende).
Es war überraschend und zugleich sehr erfreulich, dass in unserem Haus alle Beteiligten dieselben Einstellungen hatten. Dadurch rückte man sehr schnell zusammen und es entstand ein „Wir-Gefühl“. Durch das gemeinsame Arbeiten in der Projektgruppe konnten die gegenseitige Wahrnehmung sowie die Zusammenarbeit verbessert werden.
Besonders schön war es zu sehen, dass so viele kreative Ideen von den Bewohnenden kamen und sie sich sichtlich freuten, dass ihre Vorschläge und Wünsche angehört und umgesetzt wurden. Manchmal gestaltete es sich allerdings auch schwierig, die Arbeitsatmosphäre über den langen Zeitraum des Projektes aktiv und kontinuierlich aufrecht zu erhalten.

3. Was macht dieses Angebot in Ihren Augen so wichtig?

Dieses Angebot ist in unseren Augen besonders wichtig, weil ältere Menschen mit Pflegebedarf auf diese Weise motiviert werden, ihre körperliche Aktivität im Alltag zu erhalten oder zu verbessern.
Durch eine regelmäßige Teilnahme fördert Tanzen darüber hinaus auch die sozialen Kontakte, die kognitiven Fähigkeiten und berücksichtigt den biographischen Hintergrund. So können wir möglichst vielen Bewohnerinnen und Bewohnern gerecht werden.

4. Wie genau können wir uns einen „Tanztee“ in Ihrer Einrichtung vorstellen und wie ist das Angebot in Ihrem Haus integriert?

Der „Tanztee“ findet jeden ersten Dienstag im Monat statt. Angekündigt wird die Veranstaltung durch einen Aushang an der Infowand der Wohnbereiche. Die Eintrittskarten können dann in der Verwaltung für einen Euro erworben werden. Der Veranstaltungsraum ist liebevoll vorbereitet, d. h. die Tische sind mit weißen Tischdecken, Kerzen und Blumenschmuck eingedeckt und es werden alkoholfreie sowie saisonspezifische alkoholische Getränke und Gebäck gereicht.
Eine ausgebildete Seniorentanzlehrerin leitet die Gruppe an und studiert neben Paartänzen auch Sitztänze, Gruppentänze und andere Mitmachtänze mit den Teilnehmenden ein.

5. Können Sie uns bitte fördernde sowie hemmende Faktoren bei der Umsetzung des Angebotes nennen?

Fördernde Faktoren:

  • Das Projekt wird aus Fördermitteln finanziert.
  • Es besteht großes Interesse seitens der Bewohnenden, Angehörigen und Mitarbeitenden.
  • Eine bereichsübergreifende Kommunikation und Zusammenarbeit innerhalb der Einrichtung sind hilfreich.
  • Es existiert eine wertschätzende Anerkennung der Arbeit der Projektteilnehmenden.
  • Dank einer gut durchdachten Planung verlief die konkrete Umsetzung des Projektes „Tanztee“ reibungslos.

Hemmende Faktoren:

  • Das Projekt muss nach Ablauf der Fördermittel von der Einrichtung selbst finanziert werden.

6. Was würden Sie Interessierten mit auf den Weg geben?

Falls andere Einrichtungen ähnliches planen, sind gründliche Überlegungen wichtig, ob diese Art des Angebotes für sie das Richtige ist und zu ihrem Konzept und ihrer Bewohnerstruktur passt.
Ein gutes Gelingen der Veranstaltung steht und fällt mit der Auswahl der Tanzlehrerin bzw. des Tanzlehrers. Unsere Bewohnerinnen und Bewohner würden Ihnen raten „Macht das Gleiche wie wir “! (lacht).

Bei weiteren Fragen zum Angebot

Elke Rybicki
AWO Residenz Sehnde
Achardstr. 1
31319 Sehnde
Mail: 
Web: www.aworesidenz-sehnde.de/

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Gesundheitliche Chancengleichheit

Der Kooperationsverbund wurde 2003 von der BZgA initiiert. Sein zentrales Ziel ist die Stärkung und Verbreitung guter Praxis in Projekten und Maßnahmen der Gesundheitsförderung bei sozial Benachteiligten.

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