Viele ältere Menschen wollen sich gerne sportlich betätigen. Da sich aufgrund eingeschränkter Mobilität häufig der Aktionsradius im Alter verringert, stellt der Weg zu den Sportvereinen oftmals ein unüberwindbares Hindernis dar, so dass die Teilnahme an bspw. Bewegungskursen nicht möglich ist. Hier setzt das Hamburger Projekt „Mach mit - bleib fit!“ an: Hamburger Sportvereine bieten in Kooperation mit dem Hamburger Abendblatt zielgruppenspezifische Bewegungskurse in Senioreneinrichtungen an. (Der Oberbegriff „Senioreneinrichtung“ umfasst alle Institutionen, die SeniorInnen als Zielgruppe haben und diese dort zusammenkommen. Als Begegnungsstellen können beispielsweise Seniorenwohnanlagen, Betreutes Wohnen, Nachbarschaftstreffs, Wohnungsunternehmen etc. gemeint sein).
Die Interviewfragen stellten wir Frau Katrin Gauler (Hamburger Sportbund e. V., Referatsleitung Breitensportentwicklung)
1. Wie kam es zur Idee Ihres Angebotes?
Im Juni 2011 wurde im Hamburger Sportbund eine Arbeitsgruppe „Strategie Ältere“ gebildet, bestehend aus ExpertInnen aus dem SeniorInnensport. Hier wurde die konkrete Idee geboren, die Kooperation zwischen einer Senioreneinrichtung und einem Sportverein gezielt zu fördern. Das Ziel war, isoliert lebende Ältere mittels sportlicher Bewegung wieder stärker am gesellschaftlichen Leben zu beteiligen. Nach einem erfolgreichen Modellprojekt 2012 mit einer Senioreneinrichtung und einem Sportverein sollte das Projekt hamburgweit ausgebaut werden. Durch einen glücklichen Zufall kam es zu einer Kooperation mit dem Hamburger Abendblatt (Ressort „Von Mensch zu Mensch“), die ebenfalls begeistert von der Projektidee waren. Am 12. September 2013 fiel im Rahmen des Hamburger Präventionskongresses der offizielle Startschuss der Initiative „Mach mit - bleib fit!“.
2. Was macht dieses Angebot in Ihren Augen so wichtig?
Vor allem in sozial benachteiligten Stadtteilen soll isoliert lebenden SeniorenInnen ein Bewegungsangebot ermöglicht werden, um Ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Der Hamburger Sportbund (HSB) hat dazu ein Kooperationsmodell zwischen Sportvereinen und Senioreneinrichtungen zur Umsetzung von Bewegungsangeboten für Ältere entwickelt. Es geht darum, die Sportvereine zu den Menschen zu bringen, die sich aufgrund ihres eingeschränkten Aktionsradius kaum mehr aus ihrer nahen Umgebung heraus bewegen können. Neben der Förderung von sozialer Teilhabe soll die Gesundheitsförderung mit im Mittelpunkt stehen. Mit gezielten, bedarfsgerechten Bewegungsangeboten soll der Erhalt individueller Mobilität, Selbstständigkeit und letztlich die Lebensqualität gefördert werden. Die Einzigartigkeit der Projektidee beruht auf der Verknüpfung bereits vorhandener Strukturen und schafft somit neue Formen der Zusammenarbeit.
3. Wie gehen Sie vor, um ältere Menschen zu erreichen, die bisher nicht Bewegungsangebote in Anspruch nehmen?
Der HSB als Koordinator des Projekts stellt zwei ProjektkoordinatorInnen, welche die Kooperationspartner vom ersten Gespräch bis zum Start des Bewegungsangebotes betreuen. Das Konzept wird bei den Kooperationspartnern, Senioreneinrichtung und Sportverein, in einem persönlichen Gespräch vorgestellt und die Bedarfslage der TeilnehmerInnen abgefragt. Die Senioreneinrichtung stellt einen passenden Raum für das Bewegungsangebot und ist zuständig für die Bewerbung. Der Sportverein bietet ein wöchentliches Bewegungsprogramm an und setzt einen entsprechend qualifizierten ÜbungsleiterInnen ein. Ein besonders sensibler Umgang des Übungsleiters ist bei dieser Zielgruppe wichtig.
Der Vorteil bei diesem Projekt ist, dass es sich um Sport-vor-Ort-Angebote handelt. So können ältere Menschen in ihrer vertrauten Umgebung bleiben und langsam an Bewegung herangeführt werden. Es werden Kooperationen initiiert und Angebotslücken geschlossen, indem neue Bewegungsangebote geschaffen werden.
4. Ihr Angebot ist ein Gemeinschaftsprojekt zwischen dem Hamburger Sportbund und dem Hamburger Abendblatt und weiteren beteiligten Akteurinnen und Akteuren Vernetzung. Wie kann aus Ihrer Sicht eine erfolgreiche Vernetzung gelingen?
Das Hamburger Abendblatt berichtet regelmäßig auf seiner Seite „Von Mensch zu Mensch“ über das Projekt und hat außerdem einen Spendentopf für das Projekt eingerichtet. Der Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen hat insbesondere in der Anfangsphase das Projekt bei seinen Mitgliedern beworben und so die Akquise von Senioreneinrichtungen erleichtert. Auch weitere Partner, wie die Behörde für Gesundheitsförderung und Verbraucherschutz und die Behörde für Inneres und Sport sowie die Universität Hamburg/Bewegungswissenschaften, unterstützen das Projekt maßgeblich. In einem Gremium bestehend aus diesen und weiteren AkteurInnen wird das Projekt besprochen und analysiert. Dabei entsteht ein Handlungsleitfaden für die weiteren Schritte im Projekt und alle PartnerInnen können auf Augenhöhe ihre Interessen und Ziele mit einbringen.
Die gute Vernetzung der AkteurInnen hat maßgeblich zur Bewerbung des Projekts und Umsetzung in der Breite beigetragen. Dadurch konnte das Projekt stetig in der Anzahl der Bewegungsgruppen wachsen und sich hamburgweit etablieren.
5. Nennen Sie uns einmal fördernde sowie hemmende Faktoren bei der Umsetzung Ihres Angebotes.
Fördernde Faktoren:
- Kooperation mit dem Hamburger Abendblatt
- flächendeckende Struktur der Hamburger Sportvereine
- Unterstützung seitens der Behörden und weiterer PartnerInnen
- Einsatz von KoordinatorInnen für das Projekt
- große Nachfrage und Bedarf seitens der Senioreneinrichtungen und der Zielgruppe
- großes Interesse seitens der Sportvereine
- niedrigschwelliges Konzept des Projekts für alle Beteiligten
Hemmende Faktoren:
- Das Projekt wird aus Fördermitteln finanziert, die gesondert vom HSB und jährlich neu zu akquirieren sind.
6. Was geben Sie denen mit auf den Weg, die ähnliches planen?
Besonders wichtig ist die Arbeit der ProjektkoordinatorInnen, die als zentrale Schnittstelle zwischen den einzelnen PartnerInnen fungieren und über den Aufbau der Gruppen hinaus ausdauernd die Zusammenarbeit betreuen, Rahmenbedingungen anpassen und Lösungen für auftretende Probleme finden. Bei der Akquise, der Moderation aller Gespräche, der Vorbereitung der Kooperationsverträge und der Betreuung zum Start sowie im Verlauf der Bewegungsgruppen sind die KoordinatorInnen an der Basis und betreuen die KooperationspartnerInnen in allen Belangen. Für den Erfolg dieses Projektes ist eine Koordinierungsstelle unabdingbar.
Zusätzlich ist es wichtig, das Projekt konstant und medienwirksam zu bewerben und auch vor Ort vorzustellen. Gerade zu Beginn der Akquise war es notwendig alle Kommunikationswege zur Publikation zu nutzen.
Entscheidend ist auch die Regelung der finanziellen Förderung. Das Projekt ist auf Dauer angelegt, je nach Umfang von Fördermitteln in größerem oder auch kleinerem Umfang umsetzbar.
Bei weiteren Fragen zum Angebot
Katrin Gauler
Hamburger Sportbund e.V.
Schäferkampsallee 1
20357 Hamburg
Tel. 040 / 4 19 08 - 225
Fax. 040 / 4 19 08 - 230
Mail: k.gauler(at)hamburger-sportbund.de
Web: www.hamburger-sportbund.de
Gesundheitliche Chancengleichheit
Der Kooperationsverbund wurde 2003 von der BZgA initiiert. Sein zentrales Ziel ist die Stärkung und Verbreitung guter Praxis in Projekten und Maßnahmen der Gesundheitsförderung bei sozial Benachteiligten.