Ein leichter Zugang zu Hilfs- und Unterstützungsangeboten fördert die Inanspruchnahme von Beratungs- und Entlastungsangeboten. Hierbei hat sich ein aufsuchendes Vorgehen besonders bewährt, bei dem die Angebote direkt zu den älteren Menschen kommen statt umgekehrt. Das Ziel des HILDA-Mobils ist, als einzige mobile Demenzberatungsstelle in Frankfurt, ein Beratungsangebot für Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen in Stadtteilen außerhalb des Stadtkerns Frankfurts zu bereitzustellen, um zu dem Thema Demenz zu beraten, zu informieren und zu sensibilisieren.
Die Interviewfragen stellten wir Frau Angelika Welscher (Bürgerinstitut e.V. Soziales Engagement in Frankfurt)
1. Wie kam es zur Idee Ihres Angebotes?
Die Erfahrung in der Beratung mit Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen im Bürgerinstitut e. V. hat gezeigt, dass die Hemmschwelle, einen Termin in einer Beratungsstelle zu vereinbaren, hoch ist. Hilfe wird oft erst angenommen, wenn es gar keinen anderen Ausweg gibt und die Belastungen der Pflege und Betreuung die Angehörigen an ihre Grenze bringen. Die Idee des Angebots geht dahin, die Menschen so früh wie möglich zu erreichen, um ihnen Wege aufzuzeigen und Ängsten und Schuldgefühlen zu begegnen.
2. Was macht dieses Angebot in Ihren Augen so wichtig?
Mit dem HILDA-Mobil (HILDA steht für Hilfe für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen), einzige mobile Demenzberatungsstelle in Frankfurt, bringt das Bürgerinstitut e. V. das Thema Demenz in die Öffentlichkeit. Der demografische Wandel, die berufliche Mobilität (betroffener Angehöriger) sowie die steigende Anzahl von Single-Haushalten stellen eine Stadtgesellschaft einer Großstadt wie Frankfurt am Main vor neue Herausforderungen.. Wir kommen mit der mobilen Demenzberatung zu den Menschen in ihren Lebensalltag, zum Beispiel den Wochenmarkt, das Einkaufszentrum oder zu Stadteilveranstaltungen. Mit der mobilen Demenzberatung erreichen wir Menschen oft im Vorfeld einer (eventuell) bestehenden Diagnose. Wir klären auf und beraten u. a. zum Krankheitsbild, zu Versorgungs- sowie finanziellen und rechtlichen Unterstützungsmöglichkeiten. Es handelt sich um ein niedrigschwelliges Angebot, ohne Voranmeldung, kostenfrei und auf Wunsch anonym.
3. Wie haben Sie ältere Menschen bspw. bei der Angebotsentwicklung und -umsetzung mit einbezogen?
Ehrenamtliches Engagement hat im Bürgerinstitut e. V. einen hohen Stellenwert. Über 300 Ehrenamtliche engagieren sich in unterschiedlichen Projekten. Die zwanzig im Arbeitsbereich HILDA engagierten Ehrenamtlichen wurden im Vorfeld geschult, nehmen regelmäßig an Austauschtreffen und Fallbesprechungen teil und werden von den Fachkräften im Arbeitsbereich HILDA begleitet.
Haupt- und Ehrenamtliche beraten auf Augenhöhe, d. h. das Fachwissen der Hauptamtlichen und das Erfahrungswissen der Ehrenamtlichen aus dem HILDA-Besuchsdient kommt den Ratsuchenden zugute. Zu den ehrenamtlich beratenden zählen auch sogenannte Demenzbotschafter - derzeit und ehemalige pflegende Angehörige.
Ehrenamtlich engagierte Menschen sind im Allgemeinen an der gesundheitspolitischen Entwicklung in ihrem Stadtteil interessiert. Sie fungieren als Multiplikatoren auf kommunaler, konfessioneller, auf Vereinsebene und in der Nachbarschaftshilfe.
In der Entwicklungsphase des HILDA-Mobils haben wir den umfangreichen und langjährigen Erfahrungsschatz der Ehrenamtlichen unseres Hauses und der pflegenden Angehörigen aktiv mit eingebunden.
4. Wie gehen Sie vor, um älteren Menschen einen möglichst leichten Zugang zum Angebot zu ermöglichen?
Wir sind dort, wo Menschen sich in ihrem Stadtteil im Alltagsleben aufhalten. Die Termine finden jeweils einmal monatlich an festen Orten statt, die alle gut zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar sind. Der HILDA-Mobil-Einsatz wird regelmäßig in unterschiedlichen Medien angekündigt, zum Beispiel in unterschiedlichen lokalen Medien. Der Demenzberatungsbus ist für Senioren leicht zugänglich.
Darüber hinaus agieren wir in den einzelnen Stadtteilen bewusst in engerer Vernetzung mit anderen Akteuren. Das reicht von den Sozialrathäusern, Ärzten, Apotheken, Büchereien bis hin zu Einzelhändlern im Bezirk.
Umfangreiches, leicht verständliches Informationsmaterial ermöglicht einen ersten Zugang zu dem Themenspektrum Demenz.
5. Nennen Sie uns bitte fördernde sowie hemmende Faktoren bei der Umsetzung Ihres Angebotes.
Als von kirchlichen und staatlichen Trägern unabhängiger Verein erfährt das Bürgerinstitut e. V. eine hohe Akzeptanz bei kommunalen Verantwortlichen sowie in der Bevölkerung.
Eine komfortable, witterungsgerechte Innen- und Außenausstattung des Beratungsfahrzeugs ist unabdingbar: Heizung, Klimaanlage, großflächige Markise als Sonnen- und Regenschutz.
Ein Beratungsraum für bis zu vier Personen ermöglicht auch das Angebot einer Mehrpersonenberatung.
Das Beratungsteam muss körperlich und psychisch belastbar sein.
Bei extremen Witterungsverhältnissen müssen Einsätze ausfallen.
Was uns immer wieder vor enorme Herausforderungen stellt, ist die dauerhafte Finanzierung unseres Angebotes. Wir finden leider keine längerfristigen Förderer des Angebotes, da vielfach Förderung daran geknüpft ist, immer wieder neue Ideen einzureichen. Dass oftmals Personalkosten nicht übernommen werden, ist ebenfalls ein hemmender Faktor bei der Umsetzung. Denn gerade die dauerhafte Präsenz vor Ort ist Grundvoraussetzung der Akzeptanz bei der Bevölkerung und den Netzwerkpartnern. Da kann man nicht ständig etwas Neues machen.
Auch die Beratung kann natürlich nur von gut ausgebildeten Fachkräften vorgenommen werden.
6. Was geben Sie denen auf Weg mit, die Ähnliches planen?
Es handelt sich um ein vielschichtiges Projekt bezüglich der Planung, Durchführung, Organisation, Personalplanung, Finanzierung sowie der Sicherung der Nachhaltigkeit. Da es sich um einen neuen Beratungsansatz handelt, ist in allen Projektschritten Durchhaltevermögen vonnöten.
Darüber hinaus sind die Anforderungen an das Beraterteam hoch. Dies beinhaltet die Fachlichkeit zum Thema Beratung bzw. zur Beratungshaltung, die Kenntnis des Themenspektrums Demenz und die Informationen über das aktuell vorhandene Versorgungs- und Finanzierungssystem (ambulant, teilstationär, stationär).
Bei weiteren Fragen zum Angebot
Ann-Katrin Adams
Bürgerinstitut e.V.
Leitung Demenzbereich, M.A. Alternde Gesellschaften
Oberlindau 20, 60323 Frankfurt
Tel.: +49 69 972017-41, Fax: +49 69 972017-11
Mail: adams(at)buergerinstitut.de
Web: www.buergerinstitut.de
Das Projekt wurde umbenannt in "Mobiler Beratungsbus des Bürgerinstituts".
Gesundheitliche Chancengleichheit
Der Kooperationsverbund wurde 2003 von der BZgA initiiert. Sein zentrales Ziel ist die Stärkung und Verbreitung guter Praxis in Projekten und Maßnahmen der Gesundheitsförderung bei sozial Benachteiligten.