„GRIPS – kompetent im Alter" wurde mit dem Ziel, ein wohnortnahes Angebot zur Gesundheitsförderung älter werdender Menschen zu schaffen, entwickelt. In Kooperation des Seniorenreferates der Evangelischen Kirche in Kassel, dem Altenreferat der Stadt Kassel und der Volkshochschule Region Kassel werden im Rahmen des Projektes freiwillig Engagierte kostenlos zu qualifizierten Trainerinnen und Trainern ausgebildet. Diese bieten an vielen Standorten mit Unterstützung und Vermittlung lokaler Organisationen, Wohnungsbaugesellschaften, Vereine und Verbänden, in Stadtteiltreffpunkten und Kirchengemeinden fröhlich-aktive Treffen an, in denen ältere, häufig schon gesundheitlich beeinträchtigte Menschen ihr Gedächtnis und Gleichgewicht trainieren.
Das Interview führten wir mit Frau Felicitas Becker-Kasper (Projektleitung).
1. Wie kam es zur Idee Ihres Angebotes?
Bereits vor über 10 Jahren hat man sich in der kommunalen Altenhilfeplanung der Stadt Kassel darüber Gedanken gemacht, wie der Umgang mit dem demografischen Wandel und damit verbundenen Herausforderungen stadtweit gut gelingen kann. In GRIPS-Gruppen werden Gedächtnistraining, psychomotorische Übungen und die Vermittlung von Wissensinhalten zur Lebensgestaltung im Alter verknüpft. Das bisher bundesweit einmalige Angebot zur Förderung der sozialen Teilhabe im Alter orientiert sich damit am Trainingsprogramm SimA (Selbstständig im Alter), welches an der Universität Erlangen Nürnberg entwickelt wurde. Das bundesweit einmalige Angebot zur Förderung der sozialen Teilhabe im Alter wirkt nachweislich altersbedingten Funktionseinbußen entgegen (www.sima-akademie.de).
Von 2007 bis 2009 wurde GRIPS im Rahmen des EU-geförderten Projektverbundes SenEmpower und in Trägerschaft der Stadt Kassel sowie Volunta, der Freiwilligenagentur des DRK Hessen, erprobt. Seit 2009 sind das Seniorenreferat der Evangelischen Kirche in Kassel und seit 2013 die Volkshochschule Region Kassel Kooperationspartner der Stadt Kassel und maßgeblich für die Umsetzung und Steuerung verantwortlich.
2. Was macht dieses Angebot in Ihren Augen so wichtig?
Gesunderhaltung ist kein Selbstzweck, sondern kann als Teil einer übergreifenden Pflegeverantwortung gesehen werden, denn Gesundheit stärkt die sozialen Teilhabemöglichkeiten und die Fähigkeiten, gesellschaftliche Aufgaben wahrzunehmen.
Als stadtteilorientiertes und von bürgerschaftlichem Engagement getragenes Angebot wendet sich „GRIPS – kompetent im Alter“ vor allem an Personen, die aufgrund von gesundheitlichen oder sozialen Einschränkungen eher keinen Zugang zu den gängigen Präventionskursen finden.
3. Welche Maßnahmen sind Ihrer Meinung nach besonders wichtig, um eine nachhaltige Wirkung für die Zielgruppe zu erzielen?
GRIPS orientiert sich an dem positiven Altersbild, das Menschen bis ins hohe Alter die Bereitschaft und Fähigkeit zutraut, Neues zu lernen und ihre Kompetenzen weiter zu entwickeln. Die GRIPS-Gruppen finden wohnortnah, also im Quartier statt. So wird den Teilnehmenden der Zugang zu unserem Angebot ermöglicht, wenn sie Einschränkungen mit ihrer Mobilität haben. Die Teilnahme an den GRIPS-Gruppen ist kostenfrei. Für Kopien der Übungsblätter und Getränke wird – sofern möglich – eine Spende erbeten.
Von den GRIPS-Trainerinnen und -Trainern wird ein hohes Maß an Autonomie vorausgesetzt. Sie legen Zeit und Ort ihres Angebotes fest, entscheiden, wie sie ihr Gruppenangebot bekannt machen und welche weiteren Kooperationspartner sie im Stadtteil gewinnen möchten. Damit entwickelt GRIPS vor Ort eine starke Eigendynamik, in der die Stärke des Angebotes und für viele der Reiz ihres Engagements liegt. Die Tätigkeiten der GRIPS-Trainerinnen und -Trainer sind damit als gelungenes Beispiel für das „neue Ehrenamt“ zu sehen. Sie können ihre Kompetenzen gezielt einbringen, Wert auf die eigene Gestaltung der Gruppe legen und sich gleichzeitig persönlich weiterentwickeln.
4. GRIPS-Gruppen werden maßgeblich durch qualifizierte Trainerinnen und Trainer getragen. Können Sie uns einmal beschreiben, wie dies gelingt?
Die Stadt Kassel finanziert interessierten Bürgerinnen und Bürgern die SimA®-Ausbildung, wenn diese bereit sind, mindestens für zwei Jahre eine GRIPS-Gruppe zu leiten. Dazu wird das Übungsmaterial mit detaillierten Anleitungen für die Gestaltung von mindestens 30 Gruppentreffen zur Verfügung gestellt. Durch dieses Angebot fühlen sich vor allem Menschen in der Nacherwerbsphase angesprochen, die nach einer sinnstiftenden ehrenamtlichen Tätigkeit suchen und sich gleichzeitig mit dem eigenen Älterwerden auseinandersetzen möchten. Die GRIPS-Trainerinnen und -Trainer sind gut miteinander vernetzt und werden regelmäßig durch die GRIPS-Fachkoordinatorin geschult. Vierteljährlich finden interne Netzwerktreffen statt. Dort werden neue Übungen ausprobiert sowie Material mit weiterführenden Anregungen vorgestellt. Dieser Austausch hat einen hohen Stellenwert. Fachlich gestaltete Jahrestreffen sowie der Neujahresempfang mit Grußworten durch die Leitungsverantwortlichen der drei Kooperationspartner, sind wichtige Bestandteile des GRIPS-Konzeptes. Diese gut aufgestellten Rahmenbedingungen sind zugleich Anerkennung und Wertschätzung für unsere wirklich sehr engagierten GRIPS-Trainerinnen und Trainer.
5. Eine Zielgruppe im Projekt sind Personen, die aufgrund von gesundheitlichen oder sprachlich / kulturellen, sozialen Einschränkungen eher schwer Zugang zu den gängigen Präventionskursen finden. Wie schaffen Sie es im Projekt, diese zu erreichen?
Einige der GRIPS-Trainerinnen sind gleichzeitig Übungsleiterinnen in einem Sportverein oder engagieren sich noch anderweitig im Quartier. Sie haben erkannt, dass Menschen vor Ort mit Migrationshintergrund nur dann erreicht werden können, wenn GRIPS in ihrer Muttersprache angeboten wird. Die Trainerinnen übersetzen bekannte Kinderlieder, Reime und Geschichten und vermitteln diese mit der SimA®-Methode. Dazu wird auch mal gekocht. Somit findet gleichzeitig auch ein interkultureller Austausch statt. Wie in allen GRIPS-Gruppen ist es wichtig, dass es Spaß macht und Teilnehmende gerne wiederkommen.
6. Die GRIPS-Gruppen sind in der Region Kassel in ein enges Kooperationsnetz eingebettet. Können Sie gelingende Faktoren hierfür benennen?
Das wirklich besondere ist das enge Kooperationsnetz mit den unterschiedlichsten Organisationen und Einrichtungen in fast allen Kasseler Stadtteilen. Neben verschiedenen Wohnungsbaugesellschaften gehören auch Sportvereine, Stadtteilzentren, Bürgerhäuser und ambulante Pflegeeinrichtungen dazu. Räumlichkeiten und weitere Ressourcen werden kostenfrei zur Verfügung gestellt. Das hat gleichzeitig den Effekt, dass die Teilnehmenden Angebote der Institutionen und Einrichtungen kennenlernen, die sie sonst vielleicht nicht wahrgenommen hätten.
7. Was geben Sie denen mit auf den Weg, die ähnliches planen?
Kooperationspartner suchen. Sich gut vernetzen. Als Modellprojekt klein anfangen!
Teilhabeangebote von Bildungsträgern und der Kommune für Hochaltrige und weniger mobile Menschen müssen wohnortnah sein. Hierzu gilt es ein lokales Engagement zu wecken, um es mit öffentlichen und privatwirtschaftlichen Einrichtungen sowie freien Trägern zu einem tragfähigen Unterstützungsnetz zu verknüpfen.
Dazu gehören klare und verbindliche Vereinbarungen zur Finanzierung und Umsetzung durch die beteiligten Kooperationspartner.
In Kassel stellt die Stadt im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung und einem damit verbundenen Zuwendungsvertrag der Vhs – Volkshochschule Region Kassel sowie dem Seniorenreferat der Evangelischen Kirche in Kassel jährlich Mittel zur Verfügung. Dafür stellen die Kooperationspartner die fachliche und organisatorische Weiterentwicklung von GRIPS, die fachliche Begleitung der GRIPS-Trainerinnen und -Trainer, die Akquise von finanziellen Mitteln, die Evaluation sowie die Gewährleistung einer angemessenen Anerkennungskultur miteinander sicher. Die Steuerung von GRIPS liegt, ebenso wie die laufenden organisatorisch-administrativen Hilfen, beim Referat für Altenhilfe der Stadt Kassel.
Bei weiteren Fragen zum Angebot
Felicitas Becker-Kasper
Seniorenreferat der Evangelischen Kirche in Kassel
Mauerstraße 15
34117 Kassel
Tel.: 0561 2876012
Mail: Felicitas.Becker-Kasper(at)ekkw.de
Web: www.seniorenreferat-ekik.de
Gesundheitliche Chancengleichheit
Der Kooperationsverbund wurde 2003 von der BZgA initiiert. Sein zentrales Ziel ist die Stärkung und Verbreitung guter Praxis in Projekten und Maßnahmen der Gesundheitsförderung bei sozial Benachteiligten.