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Nachbarschaftsheim St. Pauli e.V.
In unserem Angebot stehen ältere Menschen in schwierigen Lebenslagen im Fokus der Arbeit. Eine besondere Relevanz haben dabei gesundheitsfördernde Maßnahmen und Interventionen im weitesten Sinne, die die Teilhabemöglichkeiten der Zielgruppe erweitern und den Nachbarschaftsgedanken berücksichtigen.
Der Hamburger Stadtteil St. Pauli gehört zum Bezirk Mitte, indem 50% der Bewohner:innen einen Migrationshintergrund haben (in ganz Hamburg ein Drittel); außerdem beträgt die Anzahl der über 65-Jährigen Bewohnerinnen und Bewohner knapp 30% (vgl. Statistikamt Nord 2022).
Das Nachbarschaftsheim St. Pauli arbeitet seit nunmehr 70 Jahren mit älteren Menschen und dem Schwerpunkt auf Migrantinnen und Migranten sowie langjährige Bewohner:innen des Stadtteils. Das Angebot berücksichtigt besondere Problemlagen und lebensweltliche Hintergründe durch eine niedrigschwellige, teilhabe-fördernde Struktur. Ziel ist die Unterstützung der psychischen und körperlichen Gesundheit der Besucherinnen und Besucher. Auch während der Corona-Pandemie wurden mögliche Formate wie Einzel- und Gruppengespräche, Beratungen, Offene Treffs, Verteilung der Hamburger Tafel, Mittagstische, Spiele, Digitalisierung, Bewegungsangebote und Ausflüge mit den nötigen Schutzmaßnahmen fortgeführt. Somit wurde weitestmöglich Einsamkeit und Isolation der Besucher:innen reduziert - und die Selbstwirksamkeit bestärkt.
Frau Susanne Fink-Knodel
Silbersackstr. 14
20359 Hamburg (Hamburg)
Telefon: 0403195478
E-Mail:info (at) nbhstpauliat.de
Nachbarschaftsheim St. Pauli e.V.
Silbersackstr. 14
20359 Hamburg
Das Projekt des Nachbarschaftsheims St. Pauli zeichnet sich durch eine besonders niedrigschwellige Arbeitsweise aus, die aufsuchend und begleitend, aber auch nachgehend angelegt ist (BZgA, 2007b). Da das Projekt bereits seit 55 Jahren im Stadtteil existiert, kann es zum Teil als „Selbstgänger“ bezeichnet werden, der auf eine Vielzahl von Strukturen zurückgreifen kann. Trotz der gefestigten und verankerten Elemente im Stadtteil wird die Arbeitsweise jedoch ständig den sich verändernden Entwicklungen angepasst, so dass beispielsweise weitere Zielgruppen in den Aufgabenbereich rücken. Dazu gehört die systematische Arbeit mit älteren Migrantinnen und Migranten und hier besonders mit der Zielgruppe der türkischen Frauen. Um diese Zielgruppe zu erreichen und die Problemlagen kennen zu lernen, führte die Projektleitung eine Vor-Ort-Begehung durch und suchte Moscheen und kulturspezifische Treffpunkte auf. Aufgrund der hohen Zahl an Analphabeten wirbt das Projekt nicht mit Flyern, sondern setzt auf „Mund-zu-Mund-Werbung“, die die stetig steigenden Besuchszahlen als gute Methode bestätigen. Die niedrigschwellige Arbeit innerhalb der Seniorentagesstätte gliedert sich in Angebote am Vormittag, die sich speziell an Migrantinnen und Migranten richten, und in Aktionen am Nachmittag, die allen Besucherinnen und Besuchern offen stehen. Insbesondere der Aufbau und die Förderung von Gemeinschaft zeichnen den offenen Nachmittag aus. Hierbei werden niedrigschwellige Angebote in einem klar strukturierten Rahmen zum Beispiel in Form von betreuten Einzel- und Gruppenspielen oder Gesprächsgruppen unterbreitet. Dadurch ist es möglich, psychisch Kranke und ältere Migrantinnen und Migranten in die Gemeinschaft des Nachbarschaftsheims zu integrieren und Barrieren abzubauen. Die Arbeit im offenen Treffpunkt mit einer Besuchergruppe von ungefähr 45 Personen orientiert sich an den individuellen Fähigkeiten der Teilnehmenden. Auch am Vormittag besteht eine Palette von unterschiedlichen niedrigschwelligen Angeboten. Seit dem Jahr 2000 trifft sich zum Beispiel jeden Mittwochvormittag eine türkische Frauengruppe, die Ausflüge unternimmt, kulturelle Veranstaltungen besucht oder gezielte Informationen erhält. Die Schaffung eines öffentlichen Bereichs dient den türkischen Frauen als Entlastung und gibt ihnen auch außerhalb ihrer Wohnung die Möglichkeit, ihren Kontaktkreis zu erweitern. Es besteht ein guter und vertrauter Zusammenhalt innerhalb der Gruppe, so dass auch sensible Themen in Bezug auf Familie, Partnerschaft oder Krankheiten diskutiert werden. Die Themenbereiche richten sich nach den Bedürfnissen, die von rechtlichen Themen bis hin zu Fragen nach Gesundheit, Ernährung und Bewegung reichen. Für die Gesprächsrunden werden auch Experten als Referenten eingeladen. Zweimal in der Woche – einmal davon mit Übersetzer – findet am Vormittag eine Sozialberatung für türkische Seniorinnen und Senioren statt, die jedoch auch anderen Generationen offen steht. Des Weiteren ist es allen Nationalitäten über die Sprechstunden hinaus möglich, Fragen zu stellen oder Termine für vertiefende Gespräche zu vereinbaren. Darin werden Hilfestellungen bei sozialen und Altersproblemen gegeben und zusammen mit den Klientinnen und Klienten die eigenen Möglichkeiten zur Bewältigung thematisiert. Weitere generationenübergreifende Aktivitäten ohne Anmeldeformalitäten und ohne Leistungsorientierung reichen von musik- und ergotherapeutischen Maßnahmen wie dem Chor und der Bastelgruppe bis hin zu Wassergymnastik, Gartennutzung, Videoprojekten, kulturellen Angeboten, Feiern und Ausflügen. Die niedrigschwellige Arbeitsweise fördert die individuelle Konzentration, Gedächtnisfunktion und Feinmotorik. So erfahren die Besucher und Besucherinnen Unterstützung im Aufbau von sozialen Bindungen und bei Erkundungen der Umgebung sowie bei der Verarbeitung von Lebensgeschichten und Traumata. Neben der Arbeit innerhalb des Nachbarschaftsheims St. Pauli wird eine aufsuchende beziehungsweise begleitende Hilfe vermittelt. Begleitet wird zum Beispiel zu Ämtern, Behörden oder Ärzten, wenn nötig auch als Krisenintervention. Dieses Angebot richtet sich an alle Seniorinnen und Senioren, speziell auch an immobile Personen. Der Erstkontakt zu immobilen Personen wird dabei über Bekannte und Freunde hergestellt. Bei Migrantinnen und Migranten wird zusätzlich ein Übersetzer zu Hilfe genommen. Die Mitarbeiterinnen führen zum Beispiel bei Krankenhausbesuchen vermittelnde Gespräche zwischen der Ärzteschaft und den Pflegediensten, erklären den Patientinnen und Patienten ihre Krankheits- und Therapieverläufe niedrigschwellig und informieren Angehörige. Überschreiten komplexe Problemlagen den Kompetenzbereich der Mitarbeiterinnen, vermitteln diese die Klientinnen und Klienten an andere Einrichtungen wie den Sozialpsychiatrischen Dienst, die Seniorenberatung oder „Barrierefrei Wohnen“ weiter, mit denen eine enge Zusammenarbeit besteht. Des Weiteren soll durch die aufsuchende Unterstützung in Form von Haus-, Pflegeheim- und Krankenhausbesuchen der soziale Kontakt zwischen „Kranken“ und „Gesunden“ aufrechterhalten werden. Besucherinnen und Besucher werden motiviert, bei kranken Nachbarn anzurufen oder sie zu begleiten. Auch Sterbebegleitungen betreuen die Mitarbeiterinnen im Nachbarschaftsheim St. Pauli. Zusätzlich wird durch die Vermittlung von kleinen, angeleiteten Arbeitsschritten in offener Einzel- und Gruppenkommunikation versucht, dass die Menschen Gefühle wie Identität, Sicherheit, Stabilität und Verwurzelung wieder erlernen und in ihren Lebensalltag integrieren. Das Engagement für die hilfebedürftigen Nachbarn kann eine verbesserte soziale Integration in das Umfeld und einen quantitativen wie qualitativen Zuwachs an sozialen Beziehungen bewirken, was sich wiederum positiv auf das Wohlbefinden des Einzelnen und der Gemeinschaft auswirkt (Richter/Wächter 2007).
Es erfolgt eine gezielte Befähigung und Qualifizierung der Zielgruppe sozial Benachteiligter, die an ihren Stärken ansetzt und auf ihren Ressourcen aufbaut (BZgA, 2007b). Innerhalb des Projektes werden diesbezüglich unterschiedliche Zugangswege geschaffen. Einmal werden die Klientinnen und Klienten bei der Schilderung ihrer Problemlagen beziehungsweise Krankheiten in Einzel- oder Gruppengesprächen aktiv in den Lösungsprozess einbezogen. Durch eine direkte und zielgerichtete Kommunikation werden ihnen ihre Probleme zurückgespiegelt und ihnen – mit Blick auf ihre Möglichkeiten und Ressourcen – Lösungswege und -ansätze skizziert. Das Team und die unterschiedlichen Kooperationspartnerinnen und -partner unterstützen die Betroffenen und benennen ihnen die eigenen Möglichkeiten, ihre Lebenslage oder -situation zu verändern, da eine Verbesserung der Lebenssituation ohne ihre Mithilfe sonst schwer möglich wäre. Oft müssen diese Personengruppen – gerade Frauen mit Migrationshintergrund – erst lernen, Probleme oder auch Krankheiten deutlich zu benennen, um alte Kreisläufe zu durchbrechen. Diese empowermentbezogene Strategie kann als aktivierende Sozialberatung bezeichnet werden und zieht sich durch das gesamte Konzept des Nachbarschaftsheims St. Pauli. Grundsätzlich werden neben diesen meist individuellen Strategien auch Konzepte zum Gemeinschaftsleben etabliert. Dazu gehören gemeinschaftliche Aktivitäten, zum Beispiel Schwimmen oder Ausflüge. Um diese Angebote an den Bedürfnissen der Zielgruppe auszurichten, bezieht das Team die Besucherinnen und Besucher in die Entscheidungsfindung darüber mit ein. Diese Aktivitäten holen die Menschen aus ihrer Isolation. Die Bewegungsangebote regen darüber hinaus zu gesundheitsförderndem Verhalten an. Die Kontakte führen zu selbstorganisatorischen Prozessen wie zum Beispiel zusätzlichen Treffen auch außerhalb dieses Raums. Durch teilweise vorgegebene und gelebte Strukturen innerhalb des Nachbarschaftsheims werden die Gäste ermutigt, Aufgaben wie Krankenbesuche oder -anrufe zu übernehmen oder zu begleiten. Dies unterstützt sie dabei, verschiedene, für sie teilweise fremde gesellschaftliche Rollenbilder zu entwickeln und zu erlernen. Die Förderung der Gemeinschaft schafft ein Zusammengehörigkeitsgefühl, das Missverständnisse und Berührungsängste zwischen Nationalitäten und Berufsgruppen abbaut und Ausgrenzungsprozessen vorbeugt. Neben den sozialpädagogischen Unterstützungs- und Befähigungsleistungen werden innerhalb des Projektes auch instrumentelle Hilfen gewährleistet. Dazu gehören die Bereitstellung von Räumen, finanzielle Zuschüsse, beispielsweise für Ausflüge oder andere Aktivitäten, sowie ein regelmäßiges Frauenfrühstück und der Mittagstisch zweimal die Woche.
Ein wichtiger Aspekt innerhalb des Projektes ist die Nachhaltigkeit, sowohl hinsichtlich der Angebotsstrukturen als auch der Wirkungen bei den Zielgruppen (BZgA, 2007b). Was zunächst die wirtschaftlichen Aspekte angeht, so ist die Tagesaufenthaltsstätte dauerhaft von der Sozialbehörde finanziert; eine Grundfinanzierung für die Räumlichkeiten und die beiden Arbeitsstellen ist unbegrenzt sichergestellt. Darüber hinaus werden viele Aktivitäten über zusätzlich initiierte Projekte (Schwimmprojekt, Kochprojekt) oder Spenden finanziert. Spenden werden beispielsweise über bereits existierende Kooperationen oder durch die Öffentlichkeitsarbeit akquiriert. Nachhaltigkeit bei der Zielgruppe drückt sich darüber hinaus in Veränderungen hin zu gesundheitsbewussten Lebensweisen, im Gewinn an Lebensfreude und Aktivität, aber auch in einer Stabilisierung im Alltag aus. Eine nachhaltige Unterstützung geben zusätzlich auch die in die Abläufe involvierten Besucherinnen und Besucher des Nachbarschaftsheims. So übernehmen sie Aufgaben zum Beispiel als Dolmetscher und können anderen Menschen ihre Fähigkeiten weitervermitteln. Nachbarschaft knüpft an der Bereitschaft zu sozialem Handeln an, um eine nachhaltige Verankerung der Projektstrukturen im Stadtteil zu erzielen und die Idee des Projektes zusätzlich weiter bekannt zu machen. Ziel der Entwicklung muss es sein, langfristig Netzwerke zwischen heterogenen Bevölkerungsgruppen aufzubauen, um gesundheitsfördernde Lebensweisen und Strukturen im Stadtteil zu etablieren. Da das Projekt auch settingübergreifend und vernetzend agiert, können die seit langer Zeit bestehenden Strukturen ebenfalls als nachhaltig bezeichnet werden. Durch Kooperationen und Rücksprachen mit verschiedenen Diensten aus dem Stadtteil werden zum einen Hilfen punktuell von den Besucherinnen und Besuchern beispielsweise in Form von Beratungen in Anspruch genommen. Zum anderen können die regionalen Akteure über verschiedene Arbeitskreise ihre Erfahrungen und Ideen untereinander austauschen und neue Vernetzungsstrategien entwickeln. So lässt sich der Gedanke des Nachbarschaftsheims im Stadtteil weiter verankern und auch in andere Stadtteile Hamburgs tragen. Eine gute Kooperation der verschiedenen Akteure sowohl im Quartier als auch in der Gesamtstadt ist eine entscheidende Voraussetzung für den Erfolg und für die Nachhaltigkeit des Projektes (BZgA, 2007a). Die angesprochenen Klientel – Angehörige des speziellen „Kiezmilieus“ sowie ältere Migrantinnen und Migranten – sind eine hoch sensible und vulnerable Gruppe. Hierbei gelingt es dem Projekt, mit einer niedrigschwelligen und bedürfnisorientierten Arbeitsweise besonders viele Männer (nach Schätzungen der Projektleitung circa 30 Prozent der Klientel) über Sozialberatungen sowie Einzel- und Gruppengespräche zu erreichen. Dieser Aspekt kann, neben der seit langer Zeit erfolgreich durchgeführten Arbeit mit Menschen mit Migrationshintergrund, als besonderes Merkmal des Projektes Nachbarschaftsheim St. Pauli gedeutet werden.
- Personen mit sehr niedrigem Einkommen (z.B. Personen im Niedriglohnsektor, Personen mit niedrigen Rentenbezügen)
- Migrant/-innen in schwieriger sozialer Lage
- Sozial isolierte und / oder vereinsamte Personen
- Chronisch kranke / mobilitätseingeschränkte und / oder kognitiv beeinträchtigte Personen in schwieriger sozialer Lage
- Pflegebedürftige Personen in schwieriger sozialer Lage
- 66 bis 79 Jahre
- Ab 80 Jahre
- 50 bis 65 Jahre
- Keine geschlechtsspezifischen Angebote
Beginn: 1952
Abschluss: kein Ende geplant
- Stressbewältigung
- Psychische Gesundheit
- Steigerung der Selbstständigkeit / Selbstbestimmung
- Soziale Teilhabe (Integration, Inklusion)
- Stadtteil-/ Gemeinwesenarbeit, Nachbarschaftsnetzwerke
- Seniorenfreizeitstätte
- Nachbarschaftshaus / Stadtteilzentrum
- Beratungsstelle
Es liegt keine Dokumentation vor.
Es ist kein Ergebnisbericht vorhanden.
Die Qualitätsentwicklung und Ergebnissicherung sind nicht in ein Qualitätsmanagementsystem eingebunden.
Projektlaufzeit
Beginn: 1952
Abschluss: kein Ende geplant